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Romanische Lyrikformen aus Frankreich

Rondel und Rondelet 

Wissenswertes über diese Gedichtform
und zur Veranschaulichung neue beispielhafte Gedichte
von Renate Golpon

Was für das Rondel kennzeichnend ist

Freiere Form des Rondeaus mit zwei Endreimen, selten mit nur einem Reim.
Das Rondel ist ein- oder mehrstrophig und meist 12 bis 17 Verse (Zeilen) lang.
Metren (Verstakte) sind achtsilbige (vierfüßige) Jamben oder Trochäen.
Wiederholen der ersten beiden Verse in 6. und 7.Zeile sowie in 13. und 14.Zeile.

       
       Noch mehr Meer von Renate Golpon

  1   So weit das Auge reicht – nur Meer!     A
  2   Die Sonne zaubert Glitzerwellen.          B
  3   Am Strand begrüßt die Wiederkehr            ca
  4   des Fischers laut sein Hund durch Bellen.    b
  5   ihn freut des Herrchens Kommen sehr.       a
  6   So weit das Auge reicht – nur Meer!     A
  7   Die Sonne zaubert Glitzerwellen.          B
  8   Der Fischer schleppt an Netzen schwer.     ka
  9   Ein guter Fang! Ganz üppig quellen             b
10   die Fische über, kreuz und quer,                 la
11   und zeigen Silberglanz, ganz hellen.            lb
12   Es blieben oft die Netze leer …                     a
13   So weit das Auge reicht – nur Meer!     A
14   Die Sonne zaubert Glitzerwellen.          B



Das kleine, einstrophige Rondel – Rondelet genannt, umfasst fünf Verse mit zwei Endreimen. Für den Kehrreim (Refrain) wird meist der Anfang der ersten Verszeile genutzt. Er wird jeweils nach der zweiten und fünften Zeile eingefügt.


     Mehr und Meer –
     diesmal als Rondelet besungen
 von Renate Golpon

1   Wer mehr will, noch viel mehr vom Meer,      A
2   der lese Meer-Gedichte.                                 b
3   Wer mehr will, noch viel mehr vom Meer:      A
4   „De Fischer un sin Fru“ möt her.                   a
5   Wer kennt nicht die Geschichte,                    b
6   wo Raffgier macht zunichte:                          b
7   Wer mehr will, noch viel mehr …                   A

Weitere Rondels und Rondelets von Renate Golpon

Falterfreuden  (das Beispiel-Rondel)

Ich seh den Falter sich entfalten.
Die Blume spürt den Falter kaum.
Sie kann ihn ohne Schwanken halten.
Er ist so federleicht wie Flaum
und will hier seines Amtes walten.
Ich seh den Falter sich entfalten.
Die Blume spürt den Falter kaum.
Wo süße Düfte sanft sich ballten,
da lockt der Nektar, Falters Traum.
Vergessen sind die regenkalten,
die trüben Tage, nasser Baum …
Die Sonne will mit Licht gestalten!
Ich seh den Falter sich entfalten …
Die Blume spürt den Falter kaum.


Reizvoll

Ich möchte nicht mit Reizen geizen
und zeige gerne Dekolleté.
Wer Hitze will, der muss auch heizen,
so dachte damals Desirée
und trennte sorgsam Spreu von Weizen:
„Ich möchte nicht mit Reizen geizen
und zeige gerne Dekolleté!“
Wenn Pfauen ihr Gefieder spreizen …
Ein schlechtes Beispiel hier – o weh!
Bei Vögeln wollen Männchen reizen –
doch tun sie 's nie bei Eis und Schnee.
Hier darf ich gerne weiter feixen.

 

Bankenlob –
in Form eines Rondelets

Sie ackern da aus Leidenschaft,
die Menschen zu beglücken.
Sie ackern da aus Leidenschaft,
was Menschen dann die Leiden schafft
in Kopf und Bauch und Rücken.
Genießen s' mit Entzücken?
Sie ackern da aus Leidenschaft …

Ein Thema,
vier romanische Gedichtformen
aus Frankreich


Falterfreuden
als Beispiel-Rondelet

1a   Ich seh den Falter sich entfalten.
2b   Die Blume spürt den Falter kaum.
3a   Ich seh den Falter sich entfalten.
4a   Er will wohl seines Amtes walten;
5b   denn Nektar ist des Falters Traum –
6b   so wie für uns Champagnerschaum.
7a   Ich seh den Falter sich entfalten …


Falterfreuden
als Beispiel-Rondeau

  1a   Ich seh den Falter sich entfalten.
  2a   Er kann sich auf der Blume halten.
  3b   Die Blume spürt den Falter kaum.
  4b   Er ist so federleicht wie Flaum
  5a   und will wohl seines Amtes walten,
  6a   wählt frische Blüten, kriecht in Falten.
  7a   Wo süße Düfte sanft sich ballten,
  8b   da lockt der Nektar, Falters Traum.
  1a   Ich seh den Falter …
  9a   Vergessen sind die regenkalten,
10a   die trüben Tage! Wolken wallten
11b   und Tropfen tränkten Busch und Baum …
12b   Heut hält mich nichts im engen Raum,
13a   will draußen meinen Tag gestalten.
  1a   Ich seh den Falter …


Falterfreuden
als Beispiel-Triolett

1a   Ich seh den Falter sich entfalten.
2b   Die Blume spürt den Falter kaum.
3a   Sie kann ihn ohne Schwanken halten.
4a   Ich seh den Falter sich entfalten.
5a   Er will wohl seines Amtes walten;
6b   denn Nektar ist des Falters Traum.
7a   Ich seh den Falter sich entfalten.
8b   Die Blume spürt den Falter kaum …


Die farbigen Buchstaben a und b
kennzeichnen Kehrreime (Verswiederholungen)