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Systematisieren von Literatur und vor allem Lyrik ist mühselig und oft ungenau.
Die Kategorien der Naturwissenschaften lassen sich kaum anwenden.
Deshalb ist das Lyrik-Nomenklatursytem etwas schwammig und intransparent.
„Schuld" daran haben nicht zuletzt die Lyrikproduzenten, die sich nicht an Regeln halten.
Und als Gedichteschreiberin finde ich es auch gut so, frei zu sein innerhalb einer lyrischen Form, die Mittel der Sprache so auszuschöpfen, dass ein eigenständiges Werk entsteht.
Mit anderen Worten – wundern Sie sich bitte nicht, wenn ich seltene Varianten lyrischer Formen unerwähnt lasse.
Dozenten, Lehrer, Studenten und Schüler, die meine Lyrikseiten dank absolut regelgerechter Gedichtbeispiele nutzen, werden diese Beschränkung auf Wesentliches zu schätzen wissen.

Spanische lyrische Form: Dezime
Spanische lyrische Form:

Dezime

10 trochäische Vierheber, auch spanische Trochäen genannt,
alle akatalektisch, also weiblich unbetont
Reimschema: a-b-b-a-a / c-c-d-d-c  (symmetrisch)

Statt kopflastig lieber leiblustig  von Renate Golpon

a   Wild im Tanze will sich drehen
b   diese Spanierin, die Schöne.
b   Mit Grandezza uns verwöhne!
a   Weißt du, dass wir gerne sehen?
a   Dass am Rock die Rüschen wehen!

c   Schreib ich mehr Dezime, Stanzen?
c   Sollte ich Flamenco tanzen,
d   kess mich in den Hüften wiegen,
d   Kopf und Hals zur Seite biegen?
c   Hielt mich fit im großen Ganzen …


      Struktur wie obige Dezime,
      Reimschema jedoch asymmetrisch:
      a-b-b-a / c-a-c-d-d-c

     Gedeckter Tisch von Renate Golpon

a   Möwen, ihr vernahmt die Zeichen,
b   die vom Boot des Fischers kamen
b   und euch gleich gefangen nahmen.
a   Wie den Wonneort erreichen?

c   Flink zur Futterstelle fliegen, 
a   keinen Zoll vom Boot dann weichen, 
c   um das Mittagsmahl zu kriegen!
d   Hoffentlich nicht zugedeckt
d   ist, was Möwen köstlich schmeckt:
c   frische Fische – frei von Fliegen!


Strophenform
aus zehn vierhebigen Trochäen (Trochäus betont-unbetont),
im spanischen Original Assonanzen,
in der deutschen Nachbildung Reime, Versschluss (Kadenz)
meist unbetont (weiblich),
Strophenaufbau entweder symmetrisch: a-b-b-a-a / c-c-d-d-c
oder nichtsymmetrisch
als sogenannte Espinela:
a-b-b-a / a-c-c-d-d-c
bzw. a-b-b-a / c-a-c-d-d-d
im deutschen Sprachraum
genutzt u.a. von Eichendorff, Platen, Rückert, Schlegel, Tieck, Uhland